sowie Adolf und Charlie.

Die Zeiten sind ernst, es herrscht Krieg in der Ukraine. Gleichwohl sei an dieser Stelle an einen großen Komiker erinnert, der im Jahr 1940 seinen „Kampf“ mit einem großen Diktator aufnahm. Gemeint ist Charlie Chaplin (1889-1977) und sein Film „Der Große Diktator„, der im Jahr 1940 erschien. Er traf mit seiner Darstellung des gleichaltrigen Adolf Hitlers (1889-1945)  wie dieser mit der Welt als Globus und Luftballon jonglierte, den Nagel ziemlich genau auf den Kopf und war seiner Zeit weit voraus. Dieser Film war natürlich ein ungeheurer Affront. Denn Nazi-Deutschland war damals auf dem Höhepunkt seiner Machtentfaltung. Es sei daran erinnert, dass im Jahr 1940 Dänemark und Norwegen besetzt wurden und Frankreich in einem Blitzkrieg besiegt wurde.

Apropos „Blitzkrieg„. Unter anderem die erfolgreiche Umsetzung dieser Kriegstaktik war es, was die Deutsche Wehrmacht und Adolf Hitler damals „weltberühmt“ machte. Diese Taktik wird auch immer noch an den Militärakademien der Welt, etwa bei den Briten in Sandhurst oder den Amerikanern in West Point gelehrt. Die erfolgreiche Umsetzung gelangt den Deutschen im Polenfeldzug 1939 und im Frankreich-Feldzug 1940. Doch als die gleiche Taktik im Sommer 1941 gegen Russland zur Anwendung kommen sollte, ist die Wehrmacht an der Hybris und dem Realitätsverlust von Adolf Hitler gescheitert.

Russland sollte innerhalb weniger Wochen besiegt werden. Man hatte damals nicht einmal daran gedacht, dass der Krieg über den Winter hinaus andauern würde. Es wurden keinerlei Vorbereitungen für eine Winterausrüstung getroffen, so dass die deutschen Soldaten beim Einbruch des kalten und heftigen Winters 1941 vor Moskau zum Stopp ihres Angriffes gezwungen waren und in Deutschland erst einmal bei der Bevölkerung Wintermäntel und sonstige Winterausrüstung erbeten/erbettelt werden musste. Das war für Deutschland ein Offenbarungseid und zeigte bereits an, dass die Eroberung Russlands in einem Blitzkrieg nicht zu bewerkstelligen war und das ganze „Unternehmen Barbarossa“ kein Spaziergang wird. Der darauffolgende Winter 1942/43 sollte dann ja auch bei Stalingrad die militärische Entscheidung gegen das deutsche Reich bringen. Der Krieg sollten dann jedoch noch 2 1/2 Jahre andauern.

1942/43 war der Film von Charlie Chaplin „Der große Diktator“ bereits Geschichte, er erfuhr seine Uraufführung am 15. Oktober 1940. Nun steht ein anderer, ehemaliger Komiker in einem Krieg gegen einen Diktator. Wolodymyr Selenskyj (Jg. 1978) verdankt sein Popularität der  satirischen Fernsehserie „Der Diener des Volkes„, in der er den Präsidenten der Ukraine spielte. Das gefiel den Ukrainern so gut, dass sie ihn im Frühjahr 2019 in einer freien und demokratischen Wahl mit 73% der abgegebenen Stimmen tatsächlich zu ihrem Präsidenten wählten. Während dieser Zeit ist es ihm offenbar nicht schlecht gelungen, die Ukrainer zu einen und hinter ihm zu versammeln. In der Ukraine ist bestimmt nicht „alles Gold, was glänzt“. Aber die Ukraine hat eindeutig einen Weg beschritten, der das Land nach (West-) Europa und in die Europäische Union führen soll. Die Menschen in der Ukraine wollen in einem freien und demokratisch regierten Land leben. Und diesen Willen repräsentiert ihr Präsident.

Was ist das für ein Gegensatz zu Wladimir Putin (Jg. 1952). Man darf ihn wohl zu Recht als ehemaligen Apparatschik der Sowjetunion bezeichnen. Er ist groß geworden in einem osteuropäischen Weltreich. In den 70-iger Jahren trat er, offenbar angeregt durch eine in Russland sehr bekannte und beliebte Fernsehserie über den Spion Stierlitz,  in den russischen Geheimdienst KGB ein, der nach dem Zerfall der Sowjetunion im FSB aufging. Die Zeit vor der Wende erlebte er in Dresden. Danach ging er zurück in seine Heimatstadt Sankt Petersburg und arbeitete zunächst für den damaligen Bürgermeister Anatoli Sobtschak (1937-2000). Dieser verlor 1996 die Wahlen zum Bürgermeister, eine für Wladimir Putin wichtige Erfahrung. Danach ging es nach Moskau, wo er im Kreml eine Anstellung fand und dort schließlich von Boris Jelzin protegiert und im Juli 1998 zunächst zum Chef des Geheimdienstes FSB und dann im Mai 1999 zum Ministerpräsidenten ernannt wurde.

Putin war damals in der Bevölkerung noch weitgehend unbekannt. Doch das änderte sich in diesen Jahren rasant, nachdem zunächst nie vollständig aufgeklärte Bombenaschläge auf Wohnhäuser in Moskau verübt wurden. Indizien deuten auf eine Verstrickung des russischen Geheimdienstes FSB in diese Bombenanschläge. Gleichwohl wurden in der Folge tschetschenische Terroristen für die Anschläge verantwortlich gemacht und Putin konnte sich im einsetzenden Zweiten Tschetschenien-Krieg profilieren. Dies ebnete ihm schließlich den Weg zur erfolgreichen Wahl zum Nachfolger von Boris Jelzin. Er wurde erstmals am 7. Mai des Jahres 2000 zum Präsidenten der Russischen Föderation gewählt und dieses Amt hat er seit dieser Zeit inne, mit Ausnahme der Jahre 2008-2021, als sein Intimus und ehemalige Sobtschak-Protegé Dimitri Medwedew (Jg. 1965), das Amt der Präsidenten ausübte, während sich Putin mit demjenigen des Ministerpräsidenten begnügte.

Wladimir Putin ist übrigens wie Hitler Oberkommandierender seiner Armeen. Auch hat er bereits vor Jahren seine Form der Kriegsführung entwickelt, die des sogenannte „Hybriden Krieg„. Er fand erstmals erfolgreich Anwendung bei der Annexion der Krim im Jahr 2014. Man kann nur hoffen, dass die USA und die anderen westlichen Staaten mittlerweile Mittel erarbeitet haben, wie man sich gegen diese neue Form der Kriegsführung wehren kann. Die frühzeitige Offenlegung der russischen Pläne durch den amerikanischen Präsidenten gepaart mit den fortgesetzten Bemühungen um eine Verhandlungslösung des Konfliktes, kann man als eine Strategie gegen die hybride Kriegsführung ansehen.

Die Erinnerung an Charlie Chaplin und Adolf Hitler sollte einen nicht dazu verleiten, Putin mit Hitler gleichzusetzen. Zwar hatte sogar der US-amerikanische Präsident Joe Biden (Jg. 1942) Wladimir Putin im März 2021 in einem Interview einen „Killer“ genannt. Und man muss wohl konzedieren, dass der Mann mittlerweile einige Menschenleben auf dem Gewissen hat. Das bezieht sich nicht nur auf Russen im In- und Ausland, die kritisch gegenüber ihm und seinem Regime eingestellt waren und dann auf einmal nicht mehr da waren, sprich getötet wurden. Vielmehr muss man die vielen Kriegstoten mit dazu rechnen, die in denen von ihm angezettelten Kriegen und Auseinandersetzungen ihr Leben verloren, sei es in Tschetschenien, Syrien, Georgien, etc. Aber ein Massenmörder á la Adolf Hitler, der meinte und glaubte, er müsse (und könne) ein ganzes Volk, das der Juden, ausrotten, ist Wladimir Putin nicht. Gleichwohl ist  erwähnenswert und wohl auch bezeichnend für seinen Regierungsstil, dass er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi, der jüdischer Abstammung ist, nun als einen Nazi und Banditen bezeichnet. Auch gilt zu bedenken, dass Russland und Wladimir Putin über die Atombombe verfügt. Er hält insofern zweifellos das Waffenarsenal eines potentiellen Massenmörders in den Händen.

Wolodymyr Selenskyi muss man zugute halten, dass er erst sehr spät die Mobilmachung in seinem Land angeordnet hat und stets, so auch nach des Einmarsches der Russen in der Ukraine, Gesprächsbereitschaft und eine Verhandlungslösung angeboten hat. Man kann ihm nur wünschen, dass er (und seine Familie) nicht von den Russen gefasst, gefangen genommen oder getötet wird. Denn das ist zweifellos das Ziel von Wladimir Putin. Er kann es sich auf Dauer nicht erlauben, einen jungen, erfolgreichen, demokratisch gewählten Präsidenten in seiner unmittelbaren Nachbarschaft zu dulden. Insofern versucht er ihn, wie schon so manch anderen Gegenspieler zuvor, auszuschalten.

Die Ukrainer und auch Selenskyi selbst werden sich nicht so einfach von Russland besetzen und unterdrücken lassen. Man muss sie dabei aus hiesiger Sicht unterstützten. Und diese Unterstützung aus den direkten Nachbarländern, aber auch Deutschland, scheint  langsam anzulaufen. Deutschland und die Westeuropäer sind mittlerweile nicht nur in Gedanken bei der Ukraine und ihrem Präsidenten. Denn ihnen ist wohl mittlerweile klar geworden, dass man Wladimir Putin nicht weiter schalten und walten lassen kann. Der hat sich durch sein Handeln mittlerweile selbst enttarnt und sieht sich nun einer internationalen Ächtung und Übermacht ausgesetzt, die er mit seinen (limitierten) Mitteln eines obersten Geheimdienstlers und Führer eines offenbar angestrebten russischen Überwachungsstaates nicht mehr bändigen kann.

Wie die Sache mit Adolf und Charlie ausgegangen ist, wissen wir. Man kann nur hoffen, dass auch in der aktuellen Auseinandersetzung letztlich der „Komiker“ den längeren Atem und das längere Leben hat.