Adel gedenkt. 

Doch wem nur? Diese Frage stellte sich der Autor dieser Zeilen bei seinem heutigen Spaziergang rund um das Glücksberger Schloss, das halbmast beflaggt war (siehe Bild zu diesem Blog). Nun, die norwegische Flagge, wie zunächst gedacht, war es nicht. Und auch die schwedische sieht anders aus, wenn man sich einmal die Parade der National-Flaggen mit dem skandinavischen Kreuz betrachtet (siehe zweites Bild zu dem Beitrag).

Insofern mögen die Leser selbst rätseln, was es mit der Halbmast-Beflaggung auf sich hat.

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass das Adelshaus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, kurz „Haus Glücksburg“, einer Nebenlinie des Gesamthauses Oldenburg, mit so fast jeder Königsfamilie in Europa verwandt ist. Ja mehr noch, aus dieser kleinen Oldenburger Seitenlinie stammt sowohl das dänische als auch das norwegische Königshaus ab. Beide Königsfamilie werden noch heute von „Glücksburger Nachfahren“ geführt.

Und das Ganze kam so. Herzog Friedrich Wilhelm von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg (geb. 4. Januar 1785 in Lindenau bei Königsberg, gest. 17. Februar 1831 in Schloss Gottorf bei/in Schleswig) bekam von dem dänischen König Friedrich VI. seinen Titel im Jahr 1825 zugesprochen. Zuvor war er „nur“ Mitglied des Hauses Schleswig-Holstein-Sonderburg-Beck gewesen. Die Familie zog daraufhin in das Glücksburger Schloss.

Für Furore und den unglaublichen Erfolg seines Adelshauses sorgte dann allerdings das 6. Kind und der viertgeborene Sohn Christian (1818-1906) von Friedrich Wilhelm. Er war eins von insgesamt 10 Kindern, das nach Geburtsreihenfolge und Abstammung eigentlich keinerlei Aussichten hatte, jemals eine bedeutende Stellung in einem Königshaus zu erlangen. Doch es sollte anders kommen.

Benannt nach dem Cousin seiner Mutter, Christian Friedrich von Dänemark, dem späteren König Christian VIII. (1786-1848) von Dänemark, machte sich der junge Christian von Sonderburg-Glücksburg 1831 im zarten Alter von 13 Jahren auf an den dänischen Königshof. Zuvor war sein Vater gestorben und König Friedrich VI. von Dänemark und Norwegen (1768-1839) wurde sein Vormund.

Christian begann eine Ausbildung zum Heeresoffizier und ging an die Militärakademie Kopenhagen. 1836 wurde er zum Rittmeister der königlichen Leibgarde ernannt und hatte sich offenbar bald eine geschätzte Stellung am Hof erarbeitet. So kam es, dass er von Friedrich VI. anstelle seiner selbst 1837 zu den Krönungsfeierlichkeiten von Queen Victoria (1819-1901) nach England geschickt wurde. Er galt als ein potentieller Heiratskandidat für die noch ledige Königin.

Doch wie wir (in Thüringen) wissen, hatte nicht er sondern Albert von Sachsen-Coburg und Gotha (1819-1861) „den Vogel abgeschossen“ und Victoria im Jahr 1840 geehelicht. Christian muss seine Aufgabe gleichwohl nicht schlecht gemacht haben und wurde von Königin Victoria offenbar geschätzt. Denn so kam es, dass sich in dem sogenannten Londoner Protokoll von 1852 die Europäischen Großmächte (Vereinigtes Königreich, Zweite Französische Republik, Russisches Kaiserreich, Königreich Preußen, Kaiserreich Österreich) mit den skandinavischen Mächten (Königreich Dänemark, Königreich Schweden) darauf einigten, Christian als Christian IX. zum König von Dänemark zu proklamieren. Zuvor war absehbar geworden, dass Friedrich VI. und Christian VIII. ohne männliche Nachkommen bleiben würden.

Christian IX. von Dänemark und seine Frau, Louise von Hessen (1817-1898), machte die Sache mit dem Kinderkriegen besser. Sie hatten zusammen insgesamt 6 Kinder, von denen der Älteste als späterer König Friedrich VIII. (1843-1912) den dänischen Königsthron fortführte. Die zweitältestes Tochter Alexandra (1844-1925) ehelichte König Eduard II. (1841-1910) und war ab 1901 Queen von Großbritannien und ab 1910 Königinmutter. Das 3. Kind, Wilhelm (1845-1913), wurde ab 1863 König Georg I. von Griechenland. Tochter Dagmar (Maria Fjodorowna, 1847-1928) wurde 1866 mit Zar Alexander III. (1845-1894) verheiratet. Tochter Thyra (1953-1933) ehelichte Prinz Ernst August (II.) von Hannover. Und der letzte Sohn Waldemar (1855-1939) fand 1885 in Frankreich seine Gemahlin, Prinzessin Marie d´Orléans (1865-1909). Man nannte Christian IX. insofern nicht ohne Grund den „Schwiegervater Europas“.

Die dänische Königin Margrethe II. von Dänemark (Jg. 1940) und der norwegische König Harald V. (Jg. 1937) sind Ur-Ur-Enkel von Christian IX. und seiner Frau Louise von Hessen.

 

Bildquellen:
Nordische Flaggen: Urheber Alphathon, Link und Lizenz siehe hier.
König Christian IX. von Dänemark, Urheber: Public Domain, Link und Lizenz siehe hier
Königin Louise von Hessen, Urheber: Lafayette Studio, Link und Lizenz siehe hier
Königin Margrethe II. von Dänemark, Urheber: Johannes Jansson, Link und Lizenz siehe hier
König Harald V. von Norwegen, Urheber: UKOM, Link und Lizenz siehe hier.