Oder: Über „politische Musik“ und „politische Musiker“

Der Titel zu diesem Blog ist eine Hommage an Michael Jackson (1958-2009) und speziell seinen Song „They don´t care about us.“ (Sie kümmern sich nicht um uns.)

Das ist schon eine ziemlich coole Musik und vor allem ein beeindruckendes Musikvideo, das aufgenommen wurde in den Slums von Rio de Janeiro, quasi unter den ausgestreckten Armen des Cristo Redendor, der monumentalen Christusstatue auf dem Berg Corcovado oberhalb der Guanabara-Bucht, an der die Stadt gelegen ist. Da tanzt nun dieses „Kunstprodukt“ Michael Jackson mit seiner gebleichten Haut und dem von schwarzen auf weißen Mann getrimmten Äußeren mit lauter schwarzen brasilianischen Kindern zu seiner Musik, um seine „message“ bzw. seine „Offenbarung“ in die Welt hinaus zu rufen.

Jackson hatte übrigens zuvor schon zusammen mit Lionel Ritschie (Jg. 1949) das Lied „We are the world“ geschrieben. Es handelte sich um ein Musikprojekt, mit dem 1984/85 Geld für die von der Hungersnot in Äthiopien betroffenen Opfer gesammelt wurde. Die Abkürzung „USA“ stand damals für „United Support of Artists„. Für das Video zu dem Song versammelten sich damals alle Pop-Größen und produzierten ein überaus erfolgreiches Lied, der sich bis zum Jahr 2009 bereits 20 Millionen Mal verkaufte.

Als Spiritus Rector dieser Idee kann man Harry Belafonte (Jg. 1927) bezeichnen, der bereits zuvor begann, mit einem Bandprojekt Geld für Afrika zu sammeln. Er war schon früher an der Seite seiner Freunde Martin Luther King (1929-1968) und Robert Kennedy (1925-1968) zum Bürgerrechtler geworden und hatte sich gegen die Apartheid und den Vietnam-Krieg engagiert. Zusammen mit Sidney Poitier (1927-2020) (und dem Waffennarr Charleston Heston, 1923-2008) beteiligte er sich an dem Bürgerrechts-Marsch 1963 in Washington. Zudem unterstützte/gründete er (zusammen mit Sidney Poitier und anderen) bereits in den 1950-iger Jahren eine Organisation, die Stipendien vergaben für Afrikaner, die in den USA studieren wollten. Einer dieser Stipendiaten war der spätere US-Präsident Barack Obama (Jg. 1961).

Mit dabei bei der Aufnahme des Songs „We are the world“ war Bob Dylon (Jg. 1941), den man wohl als auch „politisch bewegten“ US-amerikanischen Singer-Songer-Writer bezeichnen darf. Zumindest war er eines der Idole der Protestbewegung Anfang der 60-iger Jahre. In seinem Lied „Master of wars“ verfluchte er den „militärisch-industriellen Komplex“. Für seine „poetischen Neuschöpfungen in der großen amerikanischen Songtradition“ erhielt er im Jahr 2016 als erster Musiker den Nobelpreis für Literatur, was für einen veritablen Eklat sorgte.

Mit Bob Dylan liiert war eine Zeitlang Joan Baez (Jg. 1941), die nicht nur als Folk-Sängerin und Gitarristin, sondern auch als Bürgerrechtlerin, Pazifistin und Umweltaktivistin Bekanntheit erlangte. Ihr (Cover-) Song des Liedes „The Night they drove old dixie down„, in dem sie den Untergang einer Bahn-Versorgungsstrecke im Süden der USA zu Zeiten des Sezessionskrieges besingt, passt womöglich am besten in die derzeitige politische Situation in der Ukraine und Russland.

Michael Jackson´s Reputation hatte später gelitten, da man ihm Pädophilie vorwarf. Doch sein musikalisches Vermächtnis als „King of pop“ hat wohl Bestand. Er verstarb an einer Überdosis Beruhigungs- und Betäubungsmitteln. Auch bei Bob Dylon lässt sich ein Haar in der Suppe finden, hat er 2020 die Lizenzen seiner Musikstücke aus den letzten 60 Jahren für 300 Millionen Dollar an den Musikkonzern Universal verkauft und sich damit quasi an den „kommerziellen Komplex“ verkauft.

Aber so ist das Leben. Man wird weder als Heiliger geboren noch in der Regel als solcher begraben. Dazu kann einen höchstens die Geschichte (und die katholische Kirche) (v)erklären (siehe Liste der Seligen und Heiligen). An diesem Wochenende spielt bei vielen Menschen auf der Welt zumindest der „König der Christen“ die Hauptrolle.

Und das ist aus hiesiger Sicht auch besser als sie einem Wladimir Putin (Jg. 1952) zuzugestehen (auch wenn sich dieser seine enge Verbindung zu der russisch-orthodoxen Kirche zugute hält). Die Frage, die dem Titel in diesem Blog innewohnt, muss man derzeit dem Machthaber im Kreml stellen. Und auch die Oster-„Marschierer“, die über Ostern auf die Straßen gehen, werden sich wohl mit dieser Frage beschäftigen (müssen).