Bei der CDU/CSU offenbart sich langsam, welche Strategie sie in ihrer Rolle als größte Oppositions-Parteien verfolgen: Die der Populisten. Von jeglicher Scham und politischem Erinnerungsvermögen befreit, propagieren Ministerpräsident Markus Söder und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz den Ausstieg aus der Einrichtungs-bezogenen Impfpflicht. Dabei hatten ihre Parteien diese im Dezember 2021 in Bundestag und Bundesrat gerade erst mit beschlossen. MP Söder übernimmt dabei (wieder einmal) die Spitzenrolle eines Populisten.

Er hatte zu Zeiten der Pandemie immer am lautesten nach schärferen Maßnahmen und Regelungen (wie etwa der Impfpflicht), gerufen, dabei gleichzeitig deren Umsetzung in seinem Bundesland jedoch vernachlässigt, so dass Bayern über vielen Monate eine Spitzenstellung bei den Corona-Zahlen aufwies. Doch nun verkündet er auf einmal, er werde die Einrichtungs-bezogene Impfpflicht, die ab Mitte März gelten soll, nicht in seinem Bundesland Bayern einführen. Dabei ist er genau dafür zuständig.

Wie unanständig und verlogen ist das denn?!

Der Besuch von Wirtschaftsminister Harbeck in der vorletzten Woche, bei dem dieser dem selbst erklärten Ober-Öko und Bienen-Freund Söder auf seine Pflichten bei der Umsetzung der Klimaziele aufmerksam gemacht hatte, scheint bei ihm eine unangemessene Gegenreaktion ausgelöst zu haben. Er folgt beharrlich den Umfrageergebnissen, die ihm vermutlich signalisieren „Die Umsetzung der Einrichtungs-bezogenen Impfpflicht ist beim Pflegepersonal unbeliebt“. Und das Pflegepersonal ist nun einmal eine beachtliche Wählergruppe.

Bei seinem Vorgehen wird er offenbar von Friedrich Merz unterstützt. Man darf davon ausgehen, dass das Vorgehen zwischen den beiden abgesprochen wurde. Sie versuchen scheinbar den Aufstand gegen die neue Regierung und die Bundesminister. Medial werden sie dabei von der jüngsten Spiegel-Umfrage assistiert, die besagt, dass die Mehrheit der Deutschen Olaf Scholz für keinen guten Kanzler hält. Die Sinnhaftigkeit solcher „Umfragen“ seien an dieser Stelle hinterfragt. Mittlerweile scheint es Usus zu sein, dass sich Zeitungsverlage und Medienhäusern mit solchen selbst in Auftrag gegebenen, quasi gekauften Umfragen ihre Schlagzeilen selbst produzieren. Seriöser Journalismus ist das aus hiesiger Sicht nicht.

Doch zurück zu den beiden Unions-Granden. Sie werden die neue Regierung wohl nicht so schnell aus dem Sattel heben können. Und das wissen sie auch. Ihr Verhalten zielt auch weniger auf die Neuwahl einer Bundesregierung, sondern auf die in diesem und nächstem Jahr stattfindenden Wahlen. Denn es wird am 27. März im Saarland, am 8. Mai in Schleswig-Holstein, am 15. Mai in Nordrhein-Westfalen und am 9. Oktober in Niedersachsen ein neuer Landtag gewählt. Und auch die nächsten Wahlen in Bayern sind nicht mehr allzu weit, sie finden im Herbst 2023 statt. Und da muss Markus Söder fürchten, von den Wählern wegen seiner wenig erfolgreichen und populistischen Politik abgestraft zu werden. Und auch Friedrich Merz ahnt wohl, dass ihm zum Reüssieren an der CDU-Spitze nicht viel Zeit bleibt.

Daher fahren beide jetzt einen Konfrontationskurs gegen die neue Regierung. Doch was sie da machen, ist unverantwortlich. Denn Markus Söder diskreditiert den deutschen Rechtsstaat mit seiner offenen Verweigerung zur Umsetzung eines Bundesgesetzes. Wie Friedrich gestrickt ist, wurde ja schon beleuchtet.

Ein Problem der beiden ist, dass sie ihr Vorgehen offenbar im Vorfeld nicht innerhalb der CDU abgesprochen hatten und andere CDU-Ministerpräsidenten wie Daniel Günther und Hendrik Wüst sich von ihrem Vorgehen distanzieren. Zumindest haben sich die anderen CDU-MPs bisher nicht von den beiden vereinnahmen lassen. Und mit diesem Verhalten sind sie aus hiesiger Sicht auch gut beraten. Denn mit den Populisten Merz und Söder ist langfristig für die CDU/CSU kein Blumenstrauß zu gewinnen. (Auch Angela Merkel hat sich in ihrer Politik zwar durchaus an Umfrageergebnissen orientiert, doch so offen wie ihre beiden Parteikollegen hat sie das nie erkennen lassen.)

Kurzum, was Söder und Merz gerade aufführen, ist eine Politiker-Posse. Man kann die beiden insofern nicht nur als Populisten, sondern auch als Popolisten bezeichnen. (Und bei dem Begriff „Popo“ fallen einem natürlich so manche Assoziationen ein wie „den Popo versohlen“, den „Popo als Kind zu heiß gebadet“ etc. pp.). Betrachtet man sich die Sache etwas rationaler, ist zu konstatieren, dass CSU (und CDU) derzeit von einer Männerschar dominiert wird, die mit ihrer Aufgabe „überfordert“ ist (um es freundlich auszudrücken).

Es sei an dieser Stelle an die Großtaten eines Verkehrsministers Andreas Scheuer erinnert, der das Maut-Projekt, das ihm sein Parteifreund und Vorgänger im Amt, Alexander Dobrindt, eingebrockt hatte, vollends zum Maut-Debakel hatte werden lassen. Dobrindt versucht sich derweil als „Alliterations-Künstler“, in dem er der Ampel-Regierung Versagen bei „Preisen, Putin und Pandemie“ vorwirft. Dabei hatten die Herrschaften vor nicht allzu langer Zeit selbst das Heft des Handeln in der Hand. Da die Bundesbürger mit ihrer Performance nicht einverstanden waren, wurde die Union im letzten Herbst abgewählt.

An der ungenügenden Finanzierung der Förderung für Energie-Effizienz-Häuser wird deutlich, dass die Union der Ampel-Regierung so manches Kuckucksei ins Nest gelegt hat. Es ist bezeichnend, wenn die Union jetzt versucht, der Ampel-Koalition den schwarzen Peter in die Schuhe zu schieben und sie bei der Impfpflicht auflaufen zu lassen. Letztlich soll dieses Verhalten nur von dem eigenen Versagen ablenken.

Diese Politiker sind Populisten und Popolisten. Sie finden sich selbst dabei vermutlich sehr listig. Doch ob sich solch „populäre List“ bei den Wählern auszahlen wird, bleibt abzuwarten. Aus hiesiger Sicht genügen diese Personen nicht dem Anspruch einer politischen Elite, die sich einer verantwortungsvollen Führung unseres Landes verpflichtet sieht. Sie verfolgen primär ihre Eigeninteressen und das bedeutet nichts anderes als Machterhalt.

Es gibt genügend Gründe, ihnen den Allerwertesten zu zeigen und sie bei den nächsten Wahlen in die Wüste zu schicken.

 

Quelle der Bilder:

Markus Söder: Urheber Gerd Seidel, Wikipedia.org