gegen die Kinderlosigkeit („Sine-Liberi-tät“)

Die Unterhändler von FDP, Grünen und SPD verhandeln zurzeit über das Zustandekommen einer Ampel-Koalition. Es handelt sich um den „Zweiten Akt“ der Verhandlungen nach der Sondierung, die erfolgreich in der vorletzten Woche beendet wurde.

Das Wort „Akt“ hat eine mannigfaltige Bedeutung in der deutschen Sprache, stammt es doch von dem Lateinischen „actus“ (= die Tat) bzw. lateinisch „agere“ (= handeln). Und genau das wollen ja die zukünftigen Koalitionäre: Sie wollen das Heft des Handelns in Deutschland in die Hand nehmen und unser Land voranbringen.

Bevor wir uns dem eigentlichen Thema dieses Artikels widmen, einem Problem, das so bisher nicht zu den vorrangigen Zielen der zukünftigen Koalitionäre gehört, soll das schöne Wort „Akt“ dem Leser in seiner Vielfalt etwas näher gebracht werden. Denn er steht auch für den Abschnitt in einem Theaterstück, einer Oper oder einem Film. Juristisch ist damit ein Rechtsvorgang gemeint, in der Verwaltung ein Verfahren. In der Philosophie bedeutet Akt die „realisierte Wirklichkeit“ im Gegensatz zur „Potenz“. Daneben gibt es auch Personen mit dem Namen Akt wie den NSDAP-Politiker und SA-Führer Erich Akt, der nach dem Krieg 1945 verschwunden war und im Jahr 1961 für tot erklärt wurde.

Das Wort „Pakt“ (von lateinisch Pactum = Vertrag, Vereinbarung) ist von dem „Akt“ nicht weit entfernt. Dem politisch und historisch Versiertem ist der Begriff beispielsweise durch die Bezeichnung „Warschauer Pakt“ bekannt, dem militärischen Beistand-Pakt des Ostblockes unter Führung der Sowjetunion, der 36 Jahre (von 1955-1991) Bestand hatte und mit der Auflösung der Sowjetunion endete. Oder dem „Pakt für Forschung und Innovation“ zwischen dem Bund und den deutschen Ländern, der erstmals im Jahr 2005 geschlossen, insbesondere den außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie z.B. den Instituten der Max-Planck-Gesellschaft oder der Helmholtz-Gemeinschaft, durch kontinuierliche Etat-Steigerungen diesen Gesellschaften Planungssicherung gegeben hat. Den Erfolg dieser Förderung mag man an der steigenden Anzahl der Nobelpreise für deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlicher in den letzten Jahren ablesen. Und auch die erfolgreiche Gründung des Unternehmens Biontech mag ein Beispiel für den Erfolg dieses Paktes sein.

Den aktuellen Gesprächen der Ampel-Koalitionäre folgt dem „Akt“ der Verhandlungen hoffentlich der „Pakt“ der Koalition. Ob dessen Bestand so lange andauern wird wie der Warschauer Pakt ist unwahrscheinlich, gleichwohl bedeutet er zwar kein Novum, aber zumindest eine Renaissance in der deutschen Nachkriegspolitik. Denn erstmals seit 1957, d.h. dem Ende der ersten beiden Regierungen unter Konrad Adenauer, werden sich wieder 3 Parteien zu einer Koalition zusammenfinden. (Anhänger der CSU mögen an dieser Stelle bitte nachsehen, dass bei den Koalitionsregierungen der CDU/CSU beide Unions-Parteien lediglich als eine Partei gezählt wurden.)

In diesem Artikel soll es primär um den Begriff „Akt“ gehen wie er in der Kunst und der Liebe Verwendung findet, wo ein Akt die künstlerische Darstellung des nackten menschlichen Körpers bezeichnet. (Die Akt-Darstellungen zu diesem Blog stammen von norwegischen Bildhauer Gustav Vigeland (1869-1943) und sind in seinem Skulpturenpark in Oslo zu besichtigen.) Daneben geht es um den Begriff des Liebesaktes (oder Geschlechtsaktes), dem wir alle unsere Existenz verdanken.

Und das Thema, das mit diesem Begriff angegangen werden soll, ist die niedrige Geburtenrate in Deutschland. Sie beträgt nach dem Statistischen Bundesamt (Destatis) aktuell 1,53 Kinder pro Frau. Das Alter der Mutter beim ersten Kind beträgt im Mittel 30,2 Jahre. Eine solch niedrige Geburtsrate ist auf Dauer für eine Nation ein Problem, denn sie ist damit nicht nur nicht wachstumsfähig, sondern gefährdet damit langfristig auch seine Existenz.

Und das sollte ja eigentlich das Ziel eines jeden Politikers sein, zumindest derjenigen, die ein Minister- oder Staatsamt anstreben. Der Eid, den diese Personen schwören, lautet folgendermaßen:
„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. (So wahr mir Gott helfe.).“

(Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Abgeordneten im Deutschen Bundestag keinen Amtseid leisten müssen. Speziell werden sie nicht darauf verpflichtet, auf die Verfassung oder das Staatsoberhaupt zu schwören, da es zu ihren Aufgaben gehört, Gesetze und damit grundsätzlich auch die Verfassung zu ändern. Dies kann grundsätzlich ein Problem heraufbeschwören. Denn unsere parlamentarische Demokratie erlaubt es prinzipiell Feinden des Rechtsstaates, die es schaffen im Parlament eine Mehrheit zu erringen, ihn quasi von innen heraus in eine andersartige Staatsform umzuwandeln. Speziell bei den Protagonisten der AfD kann man bisweilen durchaus den Eindruck gewissen, dass dies ihr primäres Anliegen ist. Daher stehen sie ja gerade unter der Beobachtung des Bundesverfassungsschutzes.)

Die meisten Abgeordnete stehen dem Deutschen Volk und dem Grundgesetz sicher positiv gegenüber. Man darf einigen sogar unterstellen, dass sie ihre Aufgabe mit einer Art „Gutmenschentum“ und einem hohen Anspruch an die Werte unserer parlamentarischen Demokratie und ihrer Institutionen versehen. Auch fühlen sich viele von ihnen wohl dem primär von Bundeskanzler Gerhard Schröder propagiertem Begriff der „Nachhaltigkeit“ verpflichtet. Er ist mittlerweile zu einem Partei-übergreifenden Konsens-Begriff geworden, dem sich die meisten Politiker und Parteien verpflichtet fühlen. Interessanterweise resultiert aus dieser Einstellung aber bei den meisten nicht das Gefühl der Notwendigkeit, sich für die Bestandserhaltung der Deutschen Nation einzusetzen. Denn Nachhaltigkeit steht nicht nur für den Begriff Umweltverträglichkeit, sondern auch für Dauerhaftigkeit, Zukunftsfähigkeit und Bestandserhalt.

Es sei insofern an dieser Stelle erlaubt, sich einmal den persönlichen Einsatz der Spitzen-Politikerinnen und -Politiker der Ampel-Koalitionäre anzusehen und zu schauen, wie viele Kinder die einzelnen Protagonisten für den Bestand des Deutschen Volkes hervorgebracht haben.

Person                                   Partei       Anzahl der Kinder
Olaf Scholz                              SPD                   0
Rolf Mützenich                        SPD                   2
Norbert Walter-Borjans           SPD                   4
Saskia Eskens                        SPD                   3
Annalena Baerbock                Die Grünen       2
Robert Habeck                        Die Grünen       4
Christian Lindner                     FDP                  0
Volker Wissing                         FDP                  1

Der mutmaßliche zukünftige Bundeskanzler Olaf Scholz (Jg. 1958) und seine Ehefrau Britta Ernst (Jg. 1961) werden insofern bevölkerungstechnisch nichts zu dem Fortbestand des Deutschen Volkes beisteuern. Den Gründen für diese Tatsache nachzuspüren, verbietet der Anstand.
Doch allgemein betrachtet, mag man für Olaf Scholz konstatieren, was auch für seine unmittelbaren Vorgängerinnen und Vorgänger im Amt galt: Sie waren politisch erfolgreich, sind jedoch familiär gescheitert. Dies gilt zumindest dann, wenn man den Begriff Familie so anwendet, als dass man darin nicht nur die Gemeinschaft zweier Personen betrachtet, die sich aneinander binden, sondern auch die Nachkommen einbezieht, die sich aus dieser Verbindung ergeben.

Auch Christian Lindner (Jg. 1979) gehört (noch) zu Politikern „sine liberi“ (lateinisch für „kinderlos“). Sie gehen dem Beruf bzw. der Berufung zum Politiker mit einer solchen Inbrunst nach, dass diesem Ziel das Streben nach einer Familie und Kindern untergeordnet wird. Für sie gilt nicht die so viel beschworene Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Das wird von den meisten Wähler schon fast als Normalzustand akzeptiert. Doch das ist es eigentlich nicht. Vielmehr fragt sich man sich als politisch interessierter Normalbürger, ob es tatsächlich so sein muss. Das Diktum „Politisch erfolgreich, familiär gescheitert“ übt zumindest eine gewisse Abschreckung aus auf Personen, die überlegen, sich in der Politik zu engagieren.

Doch soll diese Einstellung an dieser Stelle nicht verdammt werden. Im Gegenteil gibt es ein paar bedeutende historische Vorbilder. Allen voran sei an dieser Stelle die englische Königin Elisabeth I. von England (1533-1603) genannt. Sie widerstand nicht nur dem hartnäckigen Brautwerben des spanischen Königs Philipp II. von Spanien (1527-1598), der daraufhin mit seiner Armada versucht, England zu erobern, was grandios misslang und den Grundstein für die englische See- und Weltherrschaft begründete, sondern sie proklamierte, dass Sie mit England vermählt sei und gelobte dafür, eheliche Enthaltsamkeit und Kinderlosigkeit.

Man kann die Haltung von Olaf Scholz und Christian Lindner insofern auch als wahrhaft heroisch und ehrenvoll bezeichnen. Wenn sie ihre „Sine-Liberi-tät“ durchhalten, sind sie quasi die modernen Nachfahren der politisch außerordentlich erfolgreichen englischen Monarchin. (Nimmt man dieses Charakteristikum als Maßstab für einen erfolgreichen Politiker, muss man sich um die Zukunft Großbritanniens unter Boris Johnson (Jg. 1964) ernsthafte Sorgen machen, denn dieser hat schon 6 Kinder mit 3 Frauen gezeugt. Doch vielleicht ist dieser Mann einfach nur omnipotent und entzieht sich „normalen“ Maßstäben.)

Nun, was bedeuten diese Überlegungen für die praktische Politik in Deutschland?

Sie sollen primär den (politischen) Blick darauf richten, dass die niedrige Geburtenrate für Deutschland ein Problem darstellt. Denn an ihr hängt die Prosperität und das Wachstumspotential unserer Wirtschaft ebenso wie der Bestand unseres Rentensystems. Die Auswirkungen des „Pillenknicks“ in der Geburtenrate und konkret der absehbare Austritt der Generation der Babyboomer-Generation aus dem Berufs- und Arbeitsleben wird unser Land vor ähnliche Herausforderungen stellen wie der Klimawandel.

Es bedarf eines hohen Anteils an Erwerbstätigen, um den Fortbestand der Rentenkassen zu garantieren. Und wenn diese Erwerbstätigen nicht im eigenen Land „produziert“ werden können, bedarf es einer erheblichen Zuwanderung. Dem Thema Zuwanderung werden sich die Koalitionäre mit Sicherheit zuwenden. Dem Problem der „Sineliberität“ aber bisher offenbar nicht. Doch das sollten sie nach hiesiger Auffassung.

Man wird dieses Problem voraussichtlich der zukünftigen Bundesministerin oder dem Bundesminister für Familie übertragen. Dieses Amt wurde seit dem Jahr 1968 von einer Frau bekleidet, darunter so profilierte Politikerinnen wie Frau Dr. Angela Merkel oder Frau Dr. Ursula von der Leyen sowie zuletzt Franziska Giffey. Wirklich erfolgreich haben die Frauen das Problem aber nicht lösen können, auch wenn es vielerlei familienpolitische Gesetze und Entscheidungen in dieser Hinsicht gab. Insbesondere die mannigfaltigen pekuniären und steuerlichen Anreize wie etwa die Einführung des Kindergelds oder des Kinderfreibetrages und dessen beständige Erhöhung haben das Problem nicht lösen können.

Es bedarf hier offenbar eines anderen Ansatzes und anderer Politiker, um die Lage zu verändern. Die Frauen haben das Amt vielfach als Sprungbrett für andere Positionen genutzt, in dem Familien-Ressort selbst jedoch kaum nachhaltige Spuren hinterlassen. Dagegen kann sich der erste Familienminister Franz-Josef Würmeling (1900-1986) rühmen, die nach ihm benannten Bahnpässe eingeführt zu haben, die Familien ab drei Kindern den kostenlose Würmeling-Pass zubilligte, mit denen Kinder bis 25 Jahre zu deutlich reduzierten Preisen die Bahn nutzen konnten. Es mag ein Indiz sein, dass es anderer, vor allem direkter wirksamer Familien-fördernder Maßnahmen bedarf als solcher, die an der jährlichen Steuererklärung bzw. Steuerrückerstattung sichtbar werden.

Auch sei angemerkt, dass der Nachwuchs keinesfalls nur eine Aufgabe der Frauen ist. Vielmehr bedarf es einer gleich großen Bereitschaft der Männer, sich für die Geburt und die Aufzucht von Kindern zu engagieren.
Es sei an dieser Stelle dafür geworben, dass der der nächste Familienminister ein Mann und keine Frau sein möge. Wenn man sich die obigen Spitzenpolitiker ob ihrer Vorbildfunktion näher betrachtet, kommen diesbezüglich eigentlich nur zwei Personen in Betracht: Norbert Walter-Borjans (Jg. 1952) und Robert Habeck (Jg. 1969).

Ersterer hat sich insofern etwas disqualifiziert, als dass er sich von der Mutter seiner 4 Kinder, von der er seinen zweiten Nachnamen übernahm, mittlerweile getrennt hat und sich nach seinem Wikipedia-Eintrag zu urteilen mehr um sein Hobby der Malerei kümmert als um seine Kinder/Enkelkinder. Der Favorit ist aus hiesiger Sicht insofern Robert Habeck. Dadurch ließe sich auch die derzeitige Kontroverse um die Besetzung des Finanzministeriums elegant entschärfen.