redete heute, am 21.02.2023 der russische Präsident Wladimir Putin vor Abgeordneten der Duma, Ministern und weiteren Würdenträgern.
Es war insofern eine Rede vor einer eindrucksvollen Kulisse und von eindrucksvoller Länge (ca. 105 Minuten), die in einer umgerüsteten Einkaufs-Gallerie in Fußnähe zum Kreml stattfand. Dank des öffentlich-rechtlichen Senders Phönix konnte man in Deutschland und vermutlich auf der ganzen Welt dieses Ereignis live verfolgen. Die Rede wurde simultan auf deutsch übersetzt. Wer sie sich in voller Länge anhören und ansehen möchte, kann das über diesen Link tun.
Nun, es war zu Beginn eine Art „Lamento russo“ à la Waldimir Putin, in dem er sich über die westlichen Nationen, speziell die USA, deren neo-imperalistischer Politik, beklagte und dann diesen zusammen mit den „Faschisten und Nazis“ in der Ukraine als die Schuldigen der Konfrontation geiselte. Russland sei gezwungen gewesen auf diese Politik, die auf eine Zerstörung des Heimatlandes abziele, mit einer „militärischen Spezialoperation“ Einhalt zu reagieren.
Danach pries er die Widerstandskraft Russlands, das nicht durch die Sanktionen in die Knie gezwungen, sondern im Gegenteil dadurch stärker und widerstandsfähiger geworden sei, während die westlichen Nationen sich selbst Schaden zugefügt hätten. In dem Kontext bedankte er sich bei den vielen Russinnen und Russen, die die Belastungen des Krieges mutig ertragen würden und sich nicht bezwingen ließen. Zuvor fiel auch das Wort „Soldaten“ und „Kanonenfutter“, ohne natürlich die Zahlen der Toten auf russischer und ukrainischer Seite zu benennen, die bereits sterben mussten. Er sagte nur, dass „Russland noch nie in einem Krieg unterlegen gewesen sei“. Damit wollte er offenbar auf die glorreichen (und verlustreichen) Kriege Russlands im Ersten und vor allem den Zweiten Weltkrieg anspielen, und womöglich auch den Sieg, den (das zaristische) Russland Napoleon und seiner Armee Anfang des 19. Jahrhunderts zugefügt hatte.
Keinen Bezug nahm er zu einem anderen historischen Ereignis, der Publikation des Kommunistischen Manifests von Karl Marx („Proletarier aller Länder vereinigt Euch!“) heute vor genau 175 Jahren. Doch tat das der Deutschlandfunk in einem „historischen Kalenderblatt“. Wer sich dafür interessiert, findet den Beitrag unter diesem Link. Stattdessen pries Wladimir Putin das russische Unternehmertum, das von der russischen Regierung weiter mit Unterstützungsprogrammen gestützt und gefördert würde. Auch den verwundeten Soldatinnen und Soldaten versprach er Unterstützung.
Es war aus hiesiger Sicht eine recht langatmige, um nicht zu sagen langweilige Rede, die nach Aussage der Kommentatoren in weiten Abschnitten ähnlichen Reden zur Lage der Nation früherer Jahre glich. So manche Aussagen waren offensichtlich falsch, neben der Schuld an dem Ukraine-Krieg etwa die Angaben zur Inflationsrate in Russland (4-5% nach Aussage von Putin), sie liegt in Wirklichkeit jedoch viel höher (bei ca. 10-12%). Gleichwohl beendete der Kremlchef seine Rede mit dem Satz „Die Wahrheit ist auf unserer Seite“. Danach erklang die (schöne) russische Nationalhymne.
Man muss insofern konstatieren, dass so manches an dieser Rede „schief“ war, was sinnbildlich durch den Sitz des Schlips von Waldimir Putin zum Ausdruck kam. Und auch so mancher Zuhörer im Saal schien nicht immer der Rede mit voller Aufmerksamkeit zu folgen, elektrisiert war zumindest keiner, auch wenn sich das Publikum bei Putins Hinweis auf die Zugehörigkeit der besetzten Gebiete im Donbass und der Krim zu Russland von ihren Sitzen erhob. So drohte der russische Außenminister Sergej Lawrow kurz einzunicken, einmal kratze er sich nachdenklich an der Stirn, und auch so manch anderer im Saal konnte sich ein Gähnen nicht verkneifen oder wandte seinen Blick von dem Redner ab, wie man an den Bildern zu diesem Blog ersehen kann.
Wladimir Putin hat offenbar eine sehr eigene Interpretation des Begriffs „Wahrheit“. Eher muss man bei ihm wohl einen gewissen Realitätsverlust konstatieren. Man kann nur hoffen, dass es dem russischen Volk gelingt, aus der Sackgasse herauszukommen, in die sie Wladimir Putin gesteuert hat.
Hinterlasse einen Kommentar