„Gott hilft weiter“.

Mit diesem Satz antwortete Prof. Christoph Stölzl (1944-2023), als er einmal in einem Interview nach seinen Lebensweisheiten befragt wurde. Seine 12-jährige Präsidentschaft der Franz-Liszt-Hochschule für Musik in Weimar endete erst im letzten Jahr., er übergab sein Amt an die amtierende Präsidentin Prof. Anne-Kathrin Lindig im Juni 2022. Jetzt ist er am 10. Januar diesen Jahres verstorben. Stölzl soll, zusammen mit seiner obigen Lebensweisheit, an dieser Stelle gewürdigt werden. Sie kennzeichnet diesen Mann, doch mag die Allegorie „heiter weiter“ auch anderen als Lebensmotto für das gerade angebrochene Jahr 2023 dienen.

Nun, warum erscheint es angebracht, Christoph Stölzl an dieser Stelle zu gedenken?

Einerseits war er ein Weltbürger, der sich jedoch (am Ende seiner Karriere) der „Provinz“, und in seinem Fall Thüringen und Weimar verschrieben hatte. Andererseits kann man ihn als modernen Vertreter einer Reihe von hochgebildeten Personen betrachten, die aus der Provinz weit hinaus in die Welt gewirkt haben. Bei ihm als Historiker mit Schwerpunkt auf der deutsch-österreichisch-ungarischen Geschichte war dies die Einsicht in die Vergangenheit der deutsch-sprachigen „Vielvölkerstaaten“ und deren Verbindung zur jüdisch-israelischen Geschichte. Daneben war es aber auch sein Ausflug in die Politik, die einer Erwähnung verdient.

Allgemein bekannt ist die Tatsache, dass Christoph Stölzl im April 2000 auf Vorschlag der CDU zum Berliner Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur gewählt wurde (im schwarz-roten Senat Diepgen V). Daraufhin trat er in die CDU ein und wurde sogar in den Jahren 2002-2003 Landesvorsitzender der CDU. Zuvor war Christoph Stölzl jedoch Mitglied der FDP und in den Jahren 1989/90 sogar der stellvertretende FDP-Landesvorsitzende in Berlin.

Nun, es ließe sich sicher viel mehr über ihn sagen. Doch sei an dieser Stelle auf andere Nachrufe verwiesen, wie etwa den im MDR, der FAZ, der Süddeutschen Zeitung oder dem Tagesspiegel. Er soll hier vielmehr beispielhaft genannt werden für die Personen von Geist und Musik, die Weimar und Thüringen Gesicht und Gewicht in der Welt gegeben haben. Denn es waren weniger militärische Stärke und imperiale Macht, die von diesem Landstrich ausgingen, sondern vielmehr (schön)geistige, philosophische, spirituelle und musikalische Strömungen, die sich von hier weit in die Welt hinaus ausbreiteten und zum Teil zu Wellen, Fluten und bisweilen zu wahren Tsunamis entwickelten.

Genannt werden muss in diesem Zusammenhang natürlich der Protestantismus und Martin Luther (1483-1546), dem als Mönch im Erfurter Kloster seine Erleuchtung kam, der in der Wartburg bei Eisenach die erste deutschsprachige Übersetzung der Bibel vollendete, und der nicht nur den evangelisch-lutherischen Glauben begründete, sondern quasi zum Spiritus rector sämtlicher reformierten Glaubensrichtungen der christlichen Religionen weltweit wurde.

Dann ist es auch nicht weit zu Johann Sebastian Bach (1685-1750), seinem kongenialen Nachfahren in der Musik, der dem (reformierten) Glauben zuerst in Mitteldeutschland und später weltweit Stimme und Klang verlieh. Ein paar der Geistesgrößen, die in Thüringen und Weimar ihr Leben gefristet haben, sei in Form der Bildergalerie zu diesem Blog gedacht. Es sind vorrangig Männer. Doch sollen auch zwei wichtige Frauen dargestellt werden.

Herzogin Anna Amalia von Wolfenbüttel-Braunschweig (1739-1807) lebte zeitgleich mit Johann Gottfried (von) Herder (1744-1803), dem Aufklärer und Superintendenten der Kirche St. Peter und Paul, und Christoph Martin Wieland (1733-1813). Letzteren hatte sie zur Ausbildung ihres Sohnes, Herzog Carl August (1757-1828), dem späteren Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach, nach Weimar geholt. Damit begründete sie eigentlich die „Weimarer Klassik“. Wieland war übrigens der einzige des „4-Gestirns“ der Weimarer Klassik, der sich nicht von seinem Herzog nobilitieren ließ.

Die zweite prägende Frau war Maria Pawlowna Romanowa (1786-1858), die Tochter des russischen Zaren Paul I. (1754-1801) und Gattin von Großherzog Carl-Friedrich (1783-1853). Mit ihr zog nochmals internationales Flair in Weimar ein und es kamen zu ihren Lebzeiten weitere Künstlerpersönlichkeiten, wie etwa Franz Liszt (1811-1886), nach Weimar und Thüringen. Hier schließt sich wieder der Kreis zu Christoph Stölzl, dessen letztes Amt die Leitung der Musikhochschule war, die seinen Namen trägt. Ihm, dem Mann der Kultur und Wissenschaft, mag die Nennung in diesem Reigen von Personen, eine angemessene Würdigung sein.

PS: Die fortbestehende Verbindung des hiesigen Landstriches mit dem Osten lässt sich aktuell auch an der Aufnahme von Künstlern und ganzen Orchestern im hiesigen Bundesland ablesen. Es sei in diesem Kontext auf das heute stattfindende Neujahrskonzert der Philharmonie Kiew in dem Kultur- und Kongresszentrum von Gera hingewiesen.

Bildquellen:

Christoph Stölzl: Quelle CDU/Konrad-Adenauer-Haus, Quelle und Lizenz siehe dieser Link.
Emblem der Franz-Liszt-Musikhochschule, Urheber: Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar, Link und Lizenz siehe hier
Franz-Liszt-Hochschule für Musik in Weimar: Urheber Dundak, Link und Lizenz siehe hier.
Friedrich von Schiller: Link siehe hier
Johann Wolfgang von Goethe, Urheber: Karl Josef Stieler (1781-1858), Link und Lizenz siehe hier
Johann Gottfried von Herder, Urheber: Anton Graf (1736-1813), Link siehe hier
Christoph Martin Wieland, Urheber: Gerhard von Kügelgen (1772-1820), Link siehe hier.
Martin Luther, Urheber: Lucas Cranach der Ältere (1472-1553), Link siehe hier
Lucas Cranach ( Das Bild stammt aus dem Jahr 1524, Urheber: Albrecht Dürer (1471-1528), Link siehe hier.
Johann Sebastian Bach, Urheber: Elias Gottlob Haußmann (  ), Link siehe hier
Franz Liszt. Fotographie von Franz Hanfstängl, Link siehe hier.
Anna Amalia von Johann Friedrich August Tischbein, Link siehe hier.
Maria Pawlowna (als Witwe 1858/59), Urheber: Friedrich Dürck, Link siehe hier.