Deutschland gehört seit dem Jahr 1957 zur Europäischen Union bzw. dessen Vorläufer-Organisation, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), die am 25. März 1957 durch die sechs Staaten Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, die Niederlande und die Bundesrepublik Deutschland gegründet wurde.
(Zeitgleich wurde durch die Römischen Verträge die Europäische Atom-Gemeinschaft (EAG), die heutige EURATOM (= European Atomic Energy Community, EAEC) gegründet. Sie hat folgende Zielsetzung: „Aufgabe der Atomgemeinschaft ist es, durch die Schaffung der für die schnelle Bildung und Entwicklung von Kernindustrien erforderlichen Voraussetzungen zur Hebung der Lebenshaltung in den Mitgliedstaaten und zur Entwicklung der Beziehungen mit den anderen Ländern beizutragen.“ Diese Organisation scheint aktuell eher ein Schattendasein in der europäischen Politik zu spielen. Und auch das wichtigste internationaler Kernforschungsinstitute in Europa, CERN in Genf, geht offenbar auf eine andere internationale Initiative zurück, die bereits im Jahr 1952 gestartet wurde.)
Doch Thema soll an dieser Stelle eher die EU und ihre Kultur-Hauptstädte sein. Denn Weimar gehört zu diesen Kulturstädten. Es erfuhr diese Ehre im Jahr 1999. Damit war Weimar die erste Stadt Europas war, die sich mit diesem Titel schmücken konnte. Zwar gab es bereits seit dem Jahr 1985 etwas ähnliches, doch hießen die ausgezeichneten Städte zuvor lediglich „Kulturstadt Europas„. Erst mit Weimar 1999 gab es eine Kultur-HAUPT-Stadt.
- Ist das nicht eine tolle Bezeichnung?
- Und zeigt sie nicht die ganze Widersprüchlichkeit der EU?
Denn Weimar ist nach seinem aktuellen Status natürlich keine „Hauptstadt“. Ja, sie ist nicht einmal de Hauptstadt von Thüringen. Das ist bekanntermaßen Erfurt. Vielmehr ist Weimar im Verwaltungsdeutsch „ein Mittelzentrum, das Funktionen eines Oberzentrums aufweist“. Seit 2004 kann sich Weimar Dank der Bauhaus-Universität und der Franz-Liszt-Musikhochschule zudem „Universitätsstadt“ nennen.
Doch schaut man in die Geschichte, war und ist da natürlich sehr viel mehr. Denn in Wikipedia kann man nachlesen: „Weimar war seit 1547/52 Haupt- und Residenzstadt des Herzogtums Sachsen bzw. Sachsen-Weimar, später Sachsen-Weimar-Eisenach (seit 1815: Großherzogtum). Dieses wurde 1816 der erste Staat in Deutschland, der sich eine Verfassung gab.
Und wer in Deutschland kennt nicht die „Weimarer Klassik“ und seine weltbekannten Protagonisten Wolfgang von Goethe (1749-1832) und Friedrich von Schiller (1759-1802), denen Gottfried Herder (1744-1802) und Christoph Martin Wieland (1733-1813) voraus gegangen waren. Und auch weitere „Kulturgrößen“ wie Johann Sebastian Bach (1685-1750), Franz Liszt (1811-1886), Walter Gropius (1883-1969) und viele viele mehr haben hier maßgeblich gewirkt. Der Titel „Kulturhauptstadt Europas“ ist insofern absolut gerechtfertigt gewesen.
Weimar kann für sich in Anspruch nehmen, nicht nur die erste Kulturhauptstadt Europas gewesen zu sein, sondern es war auch die einzige, die diesen Titel allein in einem Jahr tragen durfte. Denn im Jahr 2000 gab es 8 Kulturhauptstädte in Europa. Und danach hat man dann die Zahl zumeist auf zwei reduziert. Doch scheint diese Zahl nicht fixiert zu sein, wie man es bei der Betrachtung der Liste der Europäischen Kulturhauptstädte ersehen kann. Doch eine einzige Kulturhauptstadt Europas pro Jahr wird es nach Weimar 1999 wohl nicht mehr geben. Dafür gibt es mittlerweile viel zu viele andere Städte, die sich (völlig zu Recht) mit diesem Titel schmücken möchten.
In diesem Jahr sind die serbische Stadt Novi Sad, die lettische Stadt Kaunas und die luxemburgische Stadt Esch an der Alzette an der Reihe. Sie bilden das Trio der Europäischen Kulturhauptstädte 2022. Alle sind nach den jeweiligen Hauptstädten Belgrad, Vilnius und Luxemburg die zweitgrößten Städte ihrer Länder. Mit dem Titel Kulturhauptstadt stehen sie zumindest in diesem Jahr mit diesen Haupt-Städten kulturell auf Augenhöhe. Ein Besuch lohnt sich bestimmt und wird hoffentlich (nach der Corona-Pandemie) bald wieder unbeschwert möglich sein. Wer mehr über sie erfahren möchte, dem seien die Links zu den Wikipedia-Einträge empfohlen oder die Berichte im Rundfunk zu Kaunas und Novi Sad.
Es sei zu Ende dieses Beitrags der schöne Wahlsprich der EU zitiert: „In Vielfalt vereint“.
Quellen der Bilder zu diesem Beitrag:
Karte der Europäischen Kulturhauptstädte (Stand 2019): Urheber Maxillian Dörrbecker, Quelle Wikipedia.org:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kulturhauptstadt_Europas#/media/Datei:Karte_Kulturhauptstadt_Europas.png
Kaunas: Vytautas the Great Bridge from hill, Kaunas, Lithuania, Urheber: Diliff, Quelle: Wikipedia.org, https://en.wikipedia.org/wiki/Kaunas_County
Novi Sad: Urheber des Bildes Ivan Aleksic, Quelle Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Novi_Sad
Esch a la Alzette, Hotel de ville (Rathaus). Urheber: Wuppertaler, Quelle Wikipedia.org: https://de.wikipedia.org/wiki/Esch_an_der_Alzette
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