Wenn man sich die Wahlkampfplakate von Olaf Scholz einmal genau anschaut, fällt sein prominenter Kopf ins Auge.
Liegt das nur an dem roten Hintergrund oder dem Kontrast des hellen Gesichts zum schwarzen Jackett?
Offenbar nicht. Denn man man sich das Wahlkampfbild etwas genauer betrachtet, mit einem anderen Bild von ihm vergleicht und ein paar Messungen durchführt (siehe oben), ergeben sich zwischen Kopf- und Schulterbreite signifikante Unterschiede. So erreicht die Kopfgröße im Wahlplakat fast die Hälfte der Schulterbreite (Verhältnis 0,466), während dieser Wert bei dem anderen Bild nur bei ca. 0,428 liegt. Das heißt, sein Kopf ist im Wahlplakat ca. 8% grösser als er im wahren Leben (oder seine Schulter sind entsprechend schmaler).

Wie es scheint, hat hier die Wahlkampfabteilung der SPD in Bezug auf die Darstellung des sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten geschummelt. In Anbetracht der Vorwürfe, denen sich Annalena Baerbock ausgesetzt sieht, muss man auch diesen Vorgang kritisch hinterfragen. Es besteht zumindest der dringende Verdacht, dass hier Bilder manipuliert wurden. Und so etwas gehört sich nicht. Doch scheint dies in der Politik und speziell der SPD mittlerweile salonfähig zu sein. Denn auch die Spitzenkandidatin für das Berliner Abgeordnetenhaus, Franziska Giffey, hat offenbar kein Problem damit, dass ihr die Freie Universität Berlin im Juni diesen Jahres ihren Doktortitel entzogen hat aufgrund einer „mindestens bedingt vorsätzliche Täuschung erheblichen Ausmaßes“. Olaf Scholz ist letztlich für die Darstellung seines Konterfei im Wahlkampf verantwortlich. Er muss sich insofern den Vorwurf gefallen lassen, hier bewusst zu täuschen. Fehler eingestehen und Verantwortung übernehmen, scheint weder eine besondere Stärke von Franziska Giffey noch Olaf Scholz zu sein. Vielmehr werden Tatsachen ignoriert, falsche Wahrheiten propagiert und Verantwortung negiert.
Soll der (vergrößerte) Kopf etwa den Wähler denken lassen, dass sich da ein Kandidat um das Kanzleramt bewirbt mit besonders viel Hirnschmalz („big brain“)?

Aus hiesiger Sicht scheint es sich eher um einen „Wasserkopf“ zu handeln.
(Beim Hydrozephalus ist die Größe des Gehirns eher reduziert.)

Denn Olaf Scholz hat in seinem langen Politikerleben schon so manche Schwächen offenbart. Zur Zeit wird ihm von der Staatsanwaltschaft Osnabrück das Leben schwer gemacht, hat diese doch in den vergangenen Tagen eine Durchsuchung in dem von ihm geführten Finanzministerium angeordnet. Das war zweifellos kein freundschaftlicher Gruß aus seiner Geburtsstadt Osnabrück, in der die CDU über die meisten Stimmen im Stadtrat verfügt. Es liegt der Verdacht nahe, dass sich hier eine neutrale juristische Instanz zu einem Wahlkampf-Manöver hat verleiten/missbrauchen lassen. Der zuständige Staatsanwalt, Dr. Alexander Retemeyer, hat zumindest die Gelegenheit genutzt, sich und seine Institution in die Aufmerksamkeit der allgemeinen Öffentlichkeit zu katapultieren. Ob das der Aufklärung des vermuteten Straftatbestandes und dem Ansehen der Osnabrücker Staatsanwaltschaft zuträglich ist, bleibt abzuwarten.

Der Vorgang wurde zumindest prominent in der nachfolgenden Fernsehdebatte, dem „Triell“ vom 12.09.2021 aufgegriffen. Seine politischen Gegner zielen nicht ganz zu Unrecht auf diesen Schwachpunkt in seiner Biographie und seiner Tätigkeit als Bundesfinanzminister. Denn er hatte sich schon als Oberbürgermeister von Hamburg recht großzügig im Umgang mit der Warburg-Bank gezeigt, sie war maßgeblich in den CumEx-Skandal verwickelt. Und unter seiner Ägide als Bundesfinanzminister fiel der WireCard-Skandal im Juni letzten Jahres, bei dem die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) offenkundig versagt hatte. Die BaFin wiederum untersteht der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums für Finanzen, also zur Zeit Olaf Scholz.

Es seien in diesem Kontext einmal die wichtigen Aufgaben der BaFin näher beleuchtet. Sie ist insbesondere zuständig für die Erteilung und Überwachung von Banklizenzen in Deutschland. Denn in § 32 des Kreditwesengesetzes heißt es „Wer … Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen will, bedarf der schriftlichen Erlaubnis der Aufsichtsbehörde“, sprich der BaFin und damit des Finanzministeriums. Schaut man sich einmal die Liste dieser Institutionen an, ist man über deren Anzahl überrascht, finden sich doch offenbar in Deutschland ca. 700 „Finanzdienstleistungsinstitute“. Bei diesen handelt es sich in der Mehrzahl aber gar nicht um Banken, sondern um Vermögensverwaltungs-Gesellschaften, Capital Management GmbHs und ähnliches. Auch Aktiengesellschaften sind darunter.

Kurzum, es gibt haufenweise Finanzdienstleister mit Banklizenz, die letztlich Zugriff erhalten auf das zur Zeit extrem billige Geld von der Deutschen Bundesbank und der Europäischen Zentralbank. Vermutlich ist genau das eine Hauptmotivation, eine Banklizenz zu beantragen. Und was machen diese Finanzinstitute mit diesem vielen Geld? Nun, sie versuchen es zu vermehren, indem sie es in bisweilen äußerst riskante Projekte und Unternehmen investieren.

In Amerika hat sich für solche Kapital-Unternehmen der Begriff „Private-Equity-Gesellschaft“ eingebürgert. Eine der größten Firmen dieser Art ist die „Carlyle Group“, benannt nach dem New Yorker Hotel „The Carlyle“, in dem sich deren Gründer häufiger getroffen hatten. Diese Gesellschaften betreiben ihre Finanztransaktionen mit einem sehr hohen Fremdfinanzierungsanteil, der sogenannten „Leverage“. Er beträgt im Falle von Carlyle bis zu 28, d.h. für jeden Dollar/Euro Eigenkapital nimmt man 28 Dollar/Euro Fremdkapital auf. (Nur zum Vergleich sei angemerkt, dass von Privatpersonen in der Regel eine Eigenkapitalquote von 40% erwartet wird, wenn sie ein Haus bauen wollen oder sich in einem anderen Kontext Geld von der Bank leihen möchte. Bei Finanzinstituten ist man diesbezüglich offenbar sehr viel großzügiger.)

Der Carlyle Group gehört beispielsweise die frühere Spezialchemie-Sparte der Firma AkzoNobel, sie hatte sie im Oktober 2018 übernommen und trägt nun den Namen „Nouryon“. AkzoNobel war wiederum im Jahr 1994 durch die Fusion der holländischen Firma Akzo mit der schwedischen Firma Nobel Industries entstanden. Letztere wurde gegründet von dem Stifter der Nobelpreise, Alfred Nobel (1833-1896). Das sei hier nur insofern erwähnt, als dass diese Entwicklung illustriert, wie Großunternehmen, die ursprünglich auf einzelne brillanten Unternehmerpersönlichkeiten zurückgehen, nicht selten im Laufe der Zeit in die Hände von Finanzorganisationen übergehen. Deren primäres Ziel ist es, sie früher oder später zu einem höheren Preis zu veräußern. Das ist solange unproblematisch, solange die Unternehmen profitabel arbeiten bzw. ihre Schulden stemmen können. Gefahr droht jedoch, wenn etwas schief geht und dies ist in der Vergangenheit schon mehrfach geschehen. Am bekanntesten ist zweifellos der Zusammenbruch der Bank Lehman Brothers im Jahr 2008, der die damalige Finanzkrise auslöste. Doch auch die Carlyle Group musste schon ihren „Credit Alternative Fonds“, die Carlyle Capital Corporation, auflösen, nachdem der Kurs an der Börse zuvor um 60% eingebrochen war.

Von diesen „Finanzinstitutionen“ geht insofern eine nicht unerhebliche Gefahr für unser Finanzsystem und damit die gesamte Wirtschaft aus. Es darf bezweifelt werden, dass die BaFin und das Bundesfinanzministerium in der Lage ist, die hohe Anzahl von „Kreditinstituten“ effizient zu überwachen. Auch wäre es interessant zu wissen, wie sich die Zahl der Banklizenzen in Deutschland unter dem Finanzminister Olf Scholz seit seiner Amtsübernahme im Jahr 2018 entwickelt hat. Im Internet finden sich dazu leider keine leicht zugänglichen Zahlen. Und auch im Statistischen Bundesamt Destatis werden diese Daten offenbar nicht erhoben. (Dabei sollte das eigentlich ein Leichtes sein.)

Der Begriff „Wasserkopf“ bezeichnet auch (abwertend) den Umfang der Verwaltung. Betrachtet man die Tätigkeit des (hoch bezahlten) Staatssekretärs von Olaf Scholz, Wolfgang Schmidt, ist man in jedem Fall verwundert darüber, dass dieser einen signifikanten Teil seiner (Arbeits-) Zeit mit dem Absetzen von Tweets verbringt und nicht mit der Überwachung von Finanzinstituten. Als langjähriges SPD-Parteimitglied und Weg-Begleiter von Olaf Scholz sieht er darin offenbar nicht seine Hauptaufgabe.

Man fragt sich, ob es solche (politischen) Staatssekretäre wirklich braucht. Den meisten Bundesbürgern wäre eine bessere Finanzaufsicht sicher lieber.