in Thüringen.
And Corona is (almost) dead.

(Bach ist lebendig in Thüringen und Corona ist (fast) tot.)

Am heutige Samstag, dem 9. April 2022 wurden die Thüringer Bachwochen eröffnet mit einer szenischen Inszenierung der Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach (1685-1750) im Theater Erfurt.

Eigentlich sollte/wollte Bodo Ramelow präsent sein und ein paar Grußworte sprechen. Doch konnte er „wegen eines dringenden aktuellen Termins“ nicht kommen, so dass er lediglich über eine zuvor aufgezeichnete Video-Botschaft auf der Leinwand zu dem anwesenden Eröffnungspublikum sprechen konnte. Dabei brachte er seine Freude darüber zum Ausdruck brachte, dass man nun endlich wieder in Thüringen Bach hautnah und live erleben könne.

Auch nahm er Bezug zur „Himmelsburg„. Dabei handelt es sich um die Weimarer Schlosskapelle für die Bach seine ersten Kantaten während seiner Wirkungszeit am Weimarer Fürstenhof geschrieben hatte, die vom Jahr 1708-1717 dauerte. Bach war als Hoforganist, Violinist und ab 1714 auch als Konzertmeister am Hof von Herzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar (1882-1726) tätig, wurde von diesem jedoch am Ende seiner Tätigkeit kurze Zeit in die Landrichterstube der Bastille am Stadtschloss eingesperrt, da Bach (ohne Absprache) ein Dienstverhältnis als Hofkapellmeisters bei Fürst Leopold von Anhalt-Köthen (1694-1728) eingegangen war. Die Himmelsburg ist bei dem Schlossbrand 1777 zerstört worden, erlebt jedoch aktuell eine „virtuelle Wiederauferstehung“.

Für Bach waren die Jahre in Weimar sehr produktiv. Hier kamen nicht nur seine ersten 6 Kinder zur Welt, sondern er schuf auch bedeutende Kompositionen, insbesondere Kantaten und Orgelwerke. Diesem Vermächtnis fühlt sich besonders der Verein „Bach in Weimar“ verpflichtet, der alle zwei Jahr ein weiteres Bach-Musikfestival, die Bach Biennale, veranstaltet. (In diesem Jahr vom 7.7.-10.07.2022).

Man muss Bodo Ramelow bedauern, nicht nur wegen der eher entbehrlichen Videobotschaft, sondern auch und vor allem weil er eine wirklich eindrückliche und bemerkenswerte Aufführung verpasst hat (im Gegensatz zu dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Mario Voigt).  Denn nach der Begrüßung durch Prof. Silvius von Kessel, der dem Intendanten der Thüringer Bachwochen, Christoph Drescher, dankte, konnte das Publikum eine Aufführung der Johannis-Passion erleben, die sie so wohl noch nicht gesehen hatten und so schnell wohl auch nicht wieder erleben dürften.

Es handelte sich um eine Koproduktion der lautten compagney BERLIN, der SingFest Choral Academy Hong Kong und der Thüringer Bachwochen. Dabei wurde der gesamte Chor durch insgesamt 14 junge Sängerinnen und Sänger repräsentiert, von denen 5-6 asiatischer Herkunft waren (SingFest Hong Kong) und die übrigen von der Capella Angelica stammten. Sie interpretierten zusammen mit den 4 Solisten Maria Ladumer (Sopran), Reginald Mobley (Countertenor), Christian Pohlers (Tenor) und Florian Götz (Bariton) das Stück nicht nur musikalisch, sondern auch szenisch. Dabei wurden teilweise auch einzelne Interpreten der lautten compagney und vor allem deren musikalischer Leiter Wolfgang Katschner mit in das Spiel einbezogen. Die Rolle des Jesus wurde dabei nicht nur von dem Countertenor Reginald Mobley, sondern auch dem Tänzer Janosch Horn interpretiert. (Wer eine Vorstellung von dem Tanzstil erhalten möchte, kann diese bekommen, wenn er sich den Musikclip zu dem Song von Ed Sheeran Don´t ansieht.) Konzept, Regie und Choreographie stammten von Patrick Chiu und Ivanhoe Lam.

Es war faszinierend und beeindruckend, wie die Sänger in perfekter Harmonie mit dem Ensemble das gesamte Stück nicht nur auswendig gesungen, sondern auch schauspielerisch interpretierten.  Inszenierung und Musik gaben dem Werk, das von dem Verrat, der Verurteilung und schließlich Kreuzigung und Tod von Jesus Christus berichtet, eine große Anschaulichkeit und Eindrücklichkeit. So konnte man fast körperlich die Gewissensbisse und Bedenken von Pontius Pilatus spüren, als er auf Wunsch des Volkes nicht Jesus Christus, sondern den Verbrechers Barabbas begnadigt. Das ganze Stück wurde als ein Schauprozess inszeniert, der bezeichnenderweise den Titel „Wahrheit!“ trug.

Es war Kunst auf aller höchstem Niveau und für die sehr gelungene Eröffnung der Bachwochen wurde den Interpreten mit kräftigem und anhaltendem Klatschen und Bravo-Rufen gedankt. Das Publikum war begeistert. Ein Teil von ihm nahm bereits die neue (Masken-) Freiheit wahr, die ihnen der Wegfall der Corona-Beschränkungen beschert hatte.

Die Thüringer Bachwochen feiern in diesem Jahr ihr 30-ähriges Bestehen und laufen noch bis zum 01. Mai. Es finden also noch viele weitere lohnenswerte Veranstaltungen statt. Näheres dazu findet man auf den Webseiten der Bachwochen.