Der Zufall wollte es (oder war es das Gespür des öffentlich-rechtlichen Rundfunks?), dass am heutigen Tag in den Nachrichten einerseits über den Corona-Bonus für Pflegekräfte berichtet wurde  und andererseits über den neuen Höchststand der Staatsverschuldung als auch den voraussichtlich deutlichen Anstieg der Inflation. So hat das Bundeskabinett heute einen Gesetzentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium gebilligt, mit dem je 500 Millionen Euro an Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen ausgeschüttet werden sollen, die für einen gestaffelten Bonus für den Einsatz der Pflegekräfte in der Pandemie gedacht sind. Gleichzeitig vermeldete das Statistische Bundesamt eine Rekordverschuldung (einschließlich Extrahaushalte) von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen, die Ende 2021 bei 2.320 Milliarden Euro lag. Das sind 147 Milliarden mehr als ein Jahr zuvor. Des Weiteren erwartet der Sachverständigenrat nun einen drastischen Konjunktureinbruch und erhöht seine Prognose der Inflation für das laufende Jahr von 2,6% auf 6,1%.

Diese Nachrichtenlage ist (neben derjenigen in der Ukraine) bedenklich. Sie sind für den Autor Anlass, auf Probleme hinzuweisen, die sich daraus ergeben können. Insgesamt bekommt man zunehmend den Eindruck, dass die neue Regierung ihre Politik nach einer Art „Ampel-Gießkannen-Prinzip“ betreibt. Dieses Prinzip kann man so charakterisieren, dass die Koalition versucht, jedes Problem mit Geld oder besser gesagt mit Schulden zu beseitigen. So wird es ein „Sondervermögen“ von 100 Milliarden Euro geben für die Wiederinstandsetzung der Bundeswehr. Auch verabschiedete der Koalitionsausschuss am 23. März ein milliardenschweres „Maßnahmenpaket zum Umgang mit den hohen Energiekosten„. Dagegen sind die 1 Milliarde Euro für die Pflegekräfte geradezu „Peanuts„.

Es gibt den Begriff des Gießkannenprinzips einerseits im Bereich der Subventionsverteilung. Es besagt, dass die Unterstützung (Subvention von lat. subvenire = zu Hilfe kommen) gleichmäßig „wie mit einer Gießkanne“ über die gesamte Zielgruppe verteilt wird. Das Gegenteil des Gießkannenprinzips in die sogenannte „Leuchtturm-Politik“, bei der starke und zentrale Wirtschaftsstandorte eine räumlich und inhaltlich begrenzte Förderung erfahren. In der Haushalts- und Finanzwirtschaft versteht man unter dem Gießkannenprinzip, dass allen Aufgabenbereichen in gleichem Maße pauschal (zusätzliches) Budget zugeteilt wird, ohne dass hierbei politische Prioritäten gesetzt werden. Das Gegenteil wäre das sogenannte „Rasenmäherprinzip„, beim dem Ausgaben gleichmäßig über alle Bereiche gekürzt werden. Dem Gießkannenprinzip in diesem Sinne frönt die Ampel-Koalition insofern nicht. Doch kann man eine gewisse Neigung erkennen, Hilfszahlungen sprich Subventionen zu gewähren.

Wenn man es positiv betrachtet,  kann man die Ausgaben, die zu Zeiten der Corona-Pandemie erfolgten, unter dem Begriff des „Deficit Spending“ subsummieren. Dieses Konzept geht auf John Maynard Keynes (1883-1946) zurück, der damit erfolgreich die Weltwirtschaftskrise in den 1930er-Jahren bekämpfte. Doch soll an dieser Stelle nicht alles schön geredet, sondern vielmehr ein wenig der „Finger in die Wunde“ gelegt werden. Denn Ausgaben über Defizite erfolgen im Euroraum seit geraumer Zeit und nun auch wieder in Deutschland.

Die EZB hatte bereits seit mehreren Jahren die Gelddruckmaschine angeschmissen in Form von niedrigen und sogar negativen Zinsen (für Geldeinlagen). Zudem wurden diverse Anleihe-Ankauf-Programme aufgesetzt (PSPP etc.), um die Euro-Länder und Märkte mit genügend Liquidität zu versorgen. Und auch die Bundesregierung hat sich bzw. besser gesagt den Bürgerinnen und Bürgern so manchen „Schluck aus der Flasche“ genehmigt. Das sind zum Teil durchaus sinnvolle Maßnahmen (gewesen). Doch irgendwann sollte damit Schluss sein. Es sei darauf hingewiesen, dass man von einem regelmäßigen Schluck „aus der Pulle/Flasche“ abhängig wird. Deutschland als torkelnden und betrunkenen Junkie kann sich eigentlich keiner wünschen. Und auch zu viele Peanuts machen dick und behäbig.

Es sei zudem auf ein praktisches Problem bei dem Corona-Bonus hingewiesen. Das Geld vom Staat soll von den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen verteilt werden. Doch das ist mit einem nicht unerheblichen administrativen Aufwand verknüpft. Auch kann es leicht zu Missgunst und Neid innerhalb der Einrichtungen führen, da nun einzelne Mitarbeiter von dem Geldsegen profitieren und andere nicht. Die Regierung macht es sich hingegen leicht, indem sie die Verteilung des Geldes an die Einrichtungen delegiert. Man bekommt den Eindruck, dass die Politik(er) sagen möchten: „Seht her, wir haben an Euch gedacht und Euch etwas Gutes getan.“. (Also könnt ihr uns beim nächsten Mal wieder wählen.)

Mit der steigenden Inflation (und der Konjunktureintrübung) werden langsam die wirklichen Probleme sichtbar. Denn das Geld, das die Politik den Bürgern gibt, wird ihnen mit der Inflation gleich wieder entzogen. Insofern wird mit dem Geldverteilen das Grundproblem in unserem Staat nicht gelöst, sondern eher verschlimmert. Denn letztlich gilt: Auf Dauer kann auch der Staat nicht mehr Geld ausgeben als er einnimmt. Und wenn er es doch macht, ist das Geld irgendwann nichts mehr wert. Noch ist es nicht so schlimm wie vor 100 Jahren. Doch sei daran erinnert, dass es schon einmal in Deutschland eine Hyperinflation und eine Wirtschaftskrise gab, die nicht unwesentlich zu dem Scheitern der Weimarer Republik beitragen hat. Insofern sollte die Politik wachsam sein. Die gegenwärtige Situation verlangt Augenmaß und Fingerspitzengefühl.

Es sei an dieser Stelle der Appell erlaubt, dass die Ampel-Regierung ihre Politik nicht (nur) nach Subventions-Kriterien betreiben möge, sondern Aufgaben auch strukturell angehen und dabei sorgsam mit dem Staatshaushalt umgehen möge. Bei strukturellen Änderungen sollte man sich aus hiesiger Sicht Fragen stellen wie

  • Wo erfolgt in unserer Gesellschaft wirkliche Wertschöpfung?
  • Wie schafft man es, diesen Teil der Gesellschaft zu fördern, so dass diese Wertschöpfung gesteigert werden kann?
  • Wo hingegen wird Geld vorrangig umgeschichtet und über komplexe administrative und bürokratische Regelwerke umverteilt?
  • Durch welche Maßnahmen kann man Wirtschaft, Handwerk aber auch den „Otto-Normal-Bürger“ entlasten, so dass diese sich besser entfalten und sie ihre Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit steigern können?

Auch Maßnahmen zum Thema „Digitalisierung“ sollte man dahingehend prüfen, ob sie Verwaltung, Wirtschaft wie auch Bürgerinnen und Bürgern Erleichterungen und Freiheiten verschaffen oder aber sie in eine weitere „digitale Zwangsjacke“ zwängen.

PS: Die im Bild zu diesem Blog dargestellten 500 Euroscheine wurden übrigens vom Rat der EZB in einem Beschluss vom Mai 2016 abgeschafft.
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